Frau Staatsanwältin, übernehmen Sie!
Erstellt von r.ehlers am Sonntag 3. August 2014
Ohne Kommentar hier der Inhalt meines heutigen Schreibens an die Staatsanwaltschaft Lüneburg:
Sehr geehrte Frau Staatsanwältin Lehmann,
ich danke sehr für Ihre klugen Ausführungen in Ihrem Schreiben vom 17.7.2014. Natürlich ist es ein wenig enttäuschend, dass Sie trotz eindeutig vorliegenden hartnäckigen Verstößen gegen das Verbot der Irreführung der Verbraucher(innen) nach der Strafvorschrift des§ 59 LFGB das Strafverfahren eingestellt haben. Sie stellen aber ganz zu Unrecht darauf ab, dass der Betreiber von Almased vor der strafrechtlichen Inanspruchnahme erst einmal über die Strafbarkeit seines Tuns hätte belehrt werden müssen. In meinem Buch „Essenspausen“, Via Nova, 2012 und in vielen Fachbeiträgen habe ich wie viele andere Ernährungsforscher und Gesundheitsaufklärer auch für jedermann verständlich erklärt, dass das Abnehmen ein sehr komplexer Vorgang ist, bei dem zwangsläufig körperliche und psychische Vorgänge ineinander greifen. Jeder Mensch weiß seit vielen Jahren, dass es eine „Pille zum Abnehmen“ nicht gibt – und dementsprechend auch keinen Mahlzeitenersatz, der das könnte. Wer da dennoch viel Geld anfasst und das ganze Volk mit der allabendlichen dreisten Vorstellung behelligt, dass er aber doch den Königsweg zum Abnehmen gefunden hätte, gehört bestraft!
Wir kennen schon lange das Phänomen der Umweltverschmutzung. Neuerdings ist auch die Rede von Lärmverschmutzung und Lichtverschmutzung. Solche groß aufgehängten gesetzeswiderigen Auftritte wie die von Almased sind in meinen Augen eine Rechtsweltverschmutzung. Sehen Sie dazu doch einmal meine Beiträge http://www.essenspausen.com/viel-anspruch-wenig-wissen-ueber-wirkung-von-lebensmitteln/#more-2790 und http://www.essenspausen.com/viel-anspruch-wenig-wissen-ueber-wirkung-von-lebensmitteln/#more-2790, http://www.essenspausen.com/564/, http://www.essenspausen.com/strafbare-diaetluegen-ohne-ende/, http://www.essenspausen.com/unsinn-der-eiweissdiaeten-machen-wirs-den-tauben-nach/, http://www.essenspausen.com/substitute-oder-was-ist-uns-die-gesundheit-wert/.
Immerhin haben Sie dem Beschuldigten die Unzulässigkeit einiger seiner Werbeaussagen vorgehalten und hoffen nun, dass er „binnen drei bis sechs Monaten“ diese inkriminierten Aussagen aus dem Verkehr zieht. Nachdem sich Staatsanwälte aus Hannover (der Geburtsstadt meines Vaters) im Fall Wulff eine „blutige Nase“ geholt haben, kann ich mir vorstellen, dass in Niedersachsen viele Ermittler wenig Freude an spektakulären Strafverfolgungen mehr haben. Und der Fall Almased ist wirklich ein Skandal. Auf mehreren Sendern lässt Herr Trouillé Abend für Abend seine sexistisch angehauchten Spots ablaufen, durch die mehr als deutlich insinuiert wird, dass Almased als solches für das Abnehmen sorge. Gerade habe ich den Beschluss des OVG Münster im Verfahren 13 B 133/14 vom 17.7.2014 (Aminas) erhalten, in dem es doch heißt:
„Danach ist eine „Angabe“ [i.S.d. Art. 2 Abs.2 Nr.1 VO (EG)] jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Gemeinschaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, graphische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt oder auch nur mittelbar zu Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt.“
Ich sehe schon,, dass Sie hier nicht gern die Führung unter mehreren für die Strafverfolgung zuständigen Stellen übernehmen wollen. Aber die Verbraucherschutzbehörden, die in der Beurteilung der Verstöße gegen das Lebensmittelrecht viel konsequenter sind als die Staatsanwaltschaften bei solchen Sondermaterien, nehmen ihren Auftrag zur Strafverfolgung angesichts festgestellter Verstöße fast ausnahmslos nicht wahr. Wenn der Kompromiss dann so aussieht, dass die wirtschaftlich erfolgreichen Straftäter wie Herr Trouillé ganz frei kommen und – im Zweifel mit ständig wechselnden aber immer auch verbotenen und unzutreffenden Wirkbehauptungen die Konsumenten reinlegen, während der Verbraucherschutz wenigstens den „Kleinen“ Daumenschrauben ansetzt, ist das ein für unseren Rechtsstaat sehr trauriges Ergebnis.
Haben Sie mal im Netz gesehen, mit welchen Sprüchen Almased heute arbeitet? Hier nur die Kernaussagen (Kolorierung von mir):
„Abnehmen ohne zu Hungern – was kann Almased? – Es optimiert den Stoffwechsel durch das Zusammenwirken seiner natürlichen Grundbausteine. Dadurch entsteht erhöhte Fettverbrennung, ohne die Muskulatur anzugreifen. Das extrem hochwertige und leicht verdauliche Eiweiß in Almased sorgt für ein anhaltendes Sättigungsgefühl. … Almased wirkt sich positiv auf wichtige Blutwerte aus, vom Cholesterin bis zum Blutzucker, und stärkt das Immunsystem sowie die Vitalität…. Weil der Blutzucker nach dem Genuss von Almased nur leicht steigt, schüttet der Körper als Reaktion nur entsprechend wenig Insulin aus. Je weniger Insulin im Blut ist, desto besser funktioniert die Fettverbrennung. Statt durch Kohlenhydrate und zum Teil mit körpereigenem Eiweiß aus der Muskelmasse deckt der Körper dann seinen Energiebedarf wie gewünscht verstärkt aus den Fettreserven. Bei der Almased-Diät bleibt die Muskelmasse nachweislich vollständig erhalten.“
Wollen Sie das nicht vielleicht doch abstellen? Es sieht ein wenig so aus, als ob der Verbraucherschutz vor Ort Herrn Trouillé aus der Hand fräße. Sie tun das ganz offensichtlich nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Ehlers Präsident
Gesellschaft für das richtige Essen e.V. (GfE)